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Rückblick auf den Round Table Frauen in der bAV am 13. Dezember 2021

Am 13. Dezember2021 fand der dritte Lurse Round Table Frauen in der bAV statt. Das Programm war von zwei spannenden und komplexen Praxisberichten geprägt. Monika Hennersberger, Referentin Personal bAV der BMW Group stellte in ihrem Vortrag die Ablösung einer Leistungszusage durch eine fondsorientierte kapitalgedeckte Altersvorsorge vor. Dr. Tamara Voigt, Head of Pensions im Bayer-Konzern berichtete über das Konzept und die Entwicklung der bAV-App „myPensions“. Zu Beginn des virtuellen Treffens gab Ilka Houben, Leiterin Alterssicherungspolitik im GDV einen Einblick in die Eckpunkte des Koalitionsvertrages in Sachen Altersversorgung. Unser herzliches Dankeschön gilt den Referentinnen. Im Folgenden erhalten Sie einen Einblick in den Beitrag von Frau Hennersberger.

Die Neuordnung der BMW Altersvorsorge in Deutschland

Die BMW Group hat im letzten Jahr die in den 70er Jahren eingeführte arbeitgeberfinanzierte Leistungszusage für Tausende von Mitarbeitern abgelöst. 45.000 Mitarbeitern wurde der Wechsel von einem Defined Benefit Plan (DB Plan) in einen Defined Contribution Plan (DC Plan), d.h. in eine fondsgebundene kapitalgedeckte Altersvorsorge, angeboten.

Das Alt-System: Das BMW Ruhegeld

Die abzulösende arbeitgeberfinanzierte Leistungszusage (BMW Ruhegeld), in Form eines DB Plans, gestaltet sich wie folgt: Jeder Mitarbeiter der BMW Group erdient pro Dienstjahr einen Festbetrag, der ab Versorgungsfalleintritt als monatliche lebenslange Rente ausgezahlt wird (z. B. 9 € pro Dienstjahr x 35 Dienstjahre ergibt ein monatliches Ruhegeld von 315 €). Bei Umgruppierungen erhöht sich der erdiente Anspruch rückwirkend für alle Dienstjahre. Bei Annahme des bestehenden Altersteilzeitangebots wird der Festbetrag im Tarifbereich um 4 € rückwirkend für alle Dienstjahre erhöht.

In diesem DB Plan mit insgesamt über 100.000 Teilnehmern befanden sich bei Projektstart noch 61.632 aktive Mitarbeiter.

Das Neu-System: Das BMW Alterskapital für Neueintritte ab 2014

Im Jahr 2014 hatte die BMW Group für Neueintritte bereits einen DC Plan (BMW Alterskapital) eingeführt. Bei diesem Plan erhalten die Mitarbeiter monatlich einen bAV-Beitrag auf ein Ansparkonto. Dieser Grundbeitrag ist nach Entgeltgruppen festgelegt. Bei einem durchschnittlichen Tarifmitarbeiter sind das z. B. € 100,- pro Monat. Zusätzlich kann der Mitarbeiter im Rahmen eines Opting Outs an einem Matching Modell teilnehmen; zu einem Entgeltumwandlungsbetrag des Mitarbeiters leistet der Arbeitgeber hierbei einen Matching Beitrag in gleicher Höhe (Zusatzbeitrag). Sämtliche Beiträge werden in einem fondsbasierten Life Cycle Modell angelegt. In diesem Kapitalanlagemodell wird in fünfjährigen Abständen das Investment an den jeweiligen Lebensabschnitt des Mitarbeiters angepasst. Je älter der Mitarbeiter wird, desto sicherer wird das Investment umgeschichtet.

Auf die eingezahlten Beiträge garantiert die BMW Group eine dem Kapitallebensversicherungszins entsprechende Mindestverzinsung. Der Mitarbeiter entscheidet zu Leistungsbeginn, in wie vielen Jahresraten das Kapital (max. 20 Raten) ausgezahlt wird. Die ausstehenden Raten werden jährlich um 1% erhöht. In der Auszahlungsphase sind die Raten vererbbar.

In diesen DC Plan konnten seit 2014 bis zum Start des Neuordnungsprojekts bereits fast 30.000 Mitarbeiter aufgenommen werden. Ziel der Neuordnung im Jahr 2021 war es nun, die vor dem 1.1.2014 eingetretenen Mitarbeiter vom Alt-System in das Neu-System zu überführen.

Rahmenbedingungen der Neuordnung

Zwecks Neuordnung bot die BMW Group ihren Mitarbeitern ab dem Jahrgang 1965 (ca. 45.000 Mitarbeitern) an, vom BWM Ruhegeld in das BMW Alterskapital zu wechseln. Parallel wurden im BMW Alterskapital die Arbeitgeberbeiträge attraktiver gestaltet.

Im Rahmen einer kollektivrechtlichen Neuordnung sind Unternehmen an rechtlich gesetzte Mindestanforderungen wie das dreistufige Prüfungsschema des BAG gebunden. Daraus folgte für die BMW Group, dass eine zwangsweise Umstellung von einer lebenslangen Rentenleistung auf eine Kapitalleistung nicht rechtssicher umsetzbar ist. Daher wurde den betroffenen Mitarbeitern ein freiwilliges Überführungswahlrecht eingeräumt. Das Wahlrecht galt einmalig und die Mitarbeiter mussten sich bis zum Umstellungsstichtag entscheiden, ob sie in das BMW Alterskapital wechseln oder im Alt-System verbleiben möchten. Mitarbeiter, die nach mehrmaliger Aufforderung zum Stichtag keine Entscheidung trafen, verblieben im Alt-System.

Grundlage der Neuordnung ist die äquivalente Überführung der BMW Ruhegeld-Zusage in das BMW Alterskapital, d.h. der Mitarbeiter erhält im Alter 63 im Rahmen des BMW Alterskapitals eine gegenüber dem BWM Ruhegeld gleichwertige Leistung. Für jeden in das BMW Alterskapital gewechselten Mitarbeiter wurde hierzu zum Stichtag der Kapitalwert des aus dem BMW Ruhegeld unter Berücksichtigung des individuellen Eintrittsdatums in den Konzern und sämtlicher persönlicher Daten des Mitarbeiters auf das Alter 63 hochgerechnet. Dieser Wert wird nach der Überführung in das BMW Alterskapital über verschiedene Komponenten abgebildet. Zum einen wird den Wechslern ein mit einem festen Zinssatz von 1,39% jährlich verzinster Besitzstand (Past Service) aus dem BMW Ruhegeld aufrechterhalten, welcher bei Karrieresprüngen neu berechnet wird. Neben Grundbeiträgen können im Wege des Matching Modells Zusatzbeiträge in das BMW Alterskapital fließen, wobei unterstellt wird, dass jeder Wechsler am Matching Modell teilnimmt. Zudem erhalten diese Mitarbeiter einen Wechselbaustein für das BMW Alterskapital. Mit diesem wird gewährleistet, dass der Kapitalwert im Alter 63 im Neu-System dem Kapitalwert entspricht, der bei Verbleib im Alt-System im Alter 63 erreichbar gewesen wäre. Zudem wurde die Erwerbsminderungsleistung im BMW Alterskapital verbessert.

Für im Alt-System verbliebene Mitarbeiter wurden die Festbeträge der BMW Ruhegeldzusage dauerhaft „eingefroren“, d.h. nach dem Neuordnungsstichtag werden diese nach Umgruppierungen nicht mehr angepasst. Zum Ausgleich wird den im BMW Ruhegeld verbliebenen Mitarbeitern zusätzlich ein kleiner DC-Beitrag mit der Möglichkeit in begrenztem Umfang am Matching Modell teilzunehmen, gewährt.

Umsetzung der Neuordnung

Die Konzeption, die Verhandlungen und Berechnung, Dokumentation sowie die Klärung von rechtlichen und steuerlichen Fragen und auch das Kommunikationskonzept erfolgte in Zusammenarbeit mit H2B Aktuaren. Lohoff Pension Services betreibt das BMW Altersvorsorgeportal, das zur Kommunikation und zur Wahlausübung eingesetzt wurde. und auch für die Einzelkontenadministration genutzt wird.

Nach der Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung zur Neuordnung im April 2021 wurden die Überleitungsberechnungen für die Mitarbeiter vorgenommen und ein umfassendes Kommunikationskonzept zur Information der Mitarbeiter in die Praxis umgesetzt. Letzteres gestaltete sich aufgrund der Corona Pandemie und der der daher entfallenden Live-Veranstaltungen als Herausforderung. Gleichwohl wurden zahlreiche Informationswege genutzt, wie  Plakate, Infostände und Broschüren, das Intranet bzw. das digitale bAV-Portal, eine Service-Hotline und ein gezielte Ansprache von Führungskräften. Große Aufmerksamkeit fand das Projekt durch die Unterstützung durch den Vorstand und den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden im Rahmen einer zentralen digitalen Informationsveranstaltung.

Jeder Mitarbeiter mit einer BMW Ruhgeldzusage erhielt zudem ein persönliches Anschreiben mit einem individuellem Angebot, in dem jeder Rechenschritt der angebotenen Überleitung aufgeführt und ausführlich erläutert wurde. Die angeschriebenen Mitarbeiter hatten ca. zwei Monate Zeit, ihre Wahl zu treffen. Die Wahloption konnte über das bAV-Portal oder über ein Papierformular ausgeübt werden. In dieser Entscheidungsphase gingen über E-Mail und Hotline über 3.300 zum Teil sehr komplexe Anfragen zur Funktionsweise des Neu-Systems ein.

Insgesamt konnten 65% der Mitarbeiter überzeugt werden, vom Alt-System in das Neu-System zu wechseln. 79% der angeschriebenen Mitarbeiter gaben eine Rückmeldung zum Angebotsschreiben. Beides wurde als sehr großer Erfolg gewertet.

Erfolge der Neuordnung

Mit der Neuordnung der bAV verfolgte die BMW Group sowohl finanz- als auch personalpolitische Ziele.

Mit der Umsetzung konnten finanzielle Risiken wie Langlebigkeit, Zinsen und Inflation aus dem alten Plan reduziert werden. Demgegenüber lässt sich ein beitragsorientierter Plan besser steuern. Die Prozesse zwischen der Gehaltsabrechnung, dem externen Provider, der Kapitalanlage und den Konten der Beschäftigten sind kürzer und komplett automatisiert.

Zum anderen wurde die bAV attraktiver, marktgerechter und moderner gestaltet. Insbesondere jüngere Mitarbeiter haben die Chance erhalten, im Rahmen des DC Plans an den Erträgen der Kapitalmärkte zu partizipieren und das im Alt-System hohe Inflationsrisiko zu reduzieren. Zudem diente die Neuordnungsaktion der Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung bei der BMW Group.

Es war zu beobachten, dass sich mit dieser Neuordnungsaktion viele Mitarbeiter erstmals mit der betrieblichen Altersversorgung beschäftigt und diese bewusst wahrgenommen haben. Grundsätzlich machte und macht die BMW Group auch die Erfahrung, dass sich Mitarbeiter intensiver mit ihrer betrieblichen Altersversorgung beschäftigen und diese auch mehr zu schätzen wissen, wenn sie kapitalmarktorientiert ausgestaltet und mit einem Matching Modell verknüpft ist.


Autorinnen des Rückblicks

Utta Kuckertz-Wockel und Isabel Noe, Lurse