Geben Sie Ihren Suchbegriff ein...

Rückblick auf den Round Table Frauen in der bAV am 19. Mai 2021

Am 19. Mai 2021 fand der zweite Lurse Round Table Frauen in der bAV statt. Das Programm war vielschichtig und die Impulsvorträge waren Grundlage für spannende Diskussionen. Den Referentinnen Jana Schimke MdB, CDU, Dr. Natalie Brall, Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Martina Baptist, Head of Total Rewards, Pension & Payroll DE/CH bei der Henkel AG & Co. KG aA, Ingrid Pritscher, Leiterin bAV Siemens Berlin und Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin, Stuttgarter Vorsorgemanagement sei herzlich für die impulsgebenden und aktuellen Vorträge gedankt.


Das rentenpolitische Programm der Mittelstands- und Wirtschaftsunion

Jana Schimke MdB, CDU stellte im Rahmen des Lurse Round Tables Frauen in der bAV das rentenpolitische Programm der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) vor. Sie ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages, Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretende Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU.

Frau Schimke machte klar, dass die beitrags- und umlagefinanzierte Rentenversicherung das Fundament der Alterssicherung in Deutschland sei. Der Bundeszuschuss läge allerdings aufgrund der demografischen Entwicklung und der Ausweitung versicherungsfremder Leistungen bei jährlich fast 100 Mrd. Euro. Damit das System finanzierbar bleibt und die Sozialversicherungsbeiträge die 40 %-Grenze nicht übersteigen, brauche es grundlegende Reform- und Konsolidierungsansätze des deutschen Alterssicherungssystems.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion hat sich auf den folgenden Maßnahmenkatalog für eine Reform der Altersvorsorgesysteme geeinigt

  • Institutionelle Stärkung der Generationengerechtigkeit in der Rente mit grundgesetzlicher Verankerung, um künftige Beitragszahler nicht zu überlasten.
  • Flexibler Renteneintritt mit Anreizen für eine Verlängerung der Erwerbsphase.
  • Koppelung der Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung im Verhältnis 3:1.
  • Grundzüge der Vorsorge und insbesondere die Möglichkeiten der aktien- und immobilienbasierten Anlage sollen in den Schulunterricht integriert werden.
  • Stärkere Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors innerhalb der Rentenformel.
  • Betriebliche und private Altersversorgung sollen attraktiver und unbürokratischer gestaltet werden. Die Riester-Rente soll zu einer Zulagenrente umgebaut, die Geringverdienerförderung verbessert werden. Dazu gehört eine Dynamisierung der Zulagen, eine Vereinfachung des Zulageverfahrens, eine Erweiterung des Förderberechtigungskreises sowie eine Dynamisierung der Geringverdienergrenze mit besseren Anreizen für Geringverdiener.
  • Eine Abweichung von der 100 %-Beitragsgarantie soll zukünftig möglich sein. Die MIT unterstützt den von der Finanzwirtschaft entwickelten Vorschlag eines Standardproduktes mit reduzierter Beitragsgarantie.
  • Die Lasten der Arbeitgeber in der betrieblichen Altersversorgung durch Kosten und Bürokratie sind abzubauen. Nur so kann die Akzeptanz der bAV auf betrieblicher Ebene erhöht werden.
  • Die Digitalisierung der Altersversorgung, der Ausbau der Digitalen Rentenübersicht, sind wichtige Schritte ins digitale Zeitalter.

Spannend waren die Ausführungen von Frau Schimke über die geplante Reform der Riester-Rente in dieser Legislaturperiode. Klar formuliertes Ziel des Koalitionsvertrages war es, die Riester-Rente attraktiver und einfacher zu gestalten. Alle Gespräche diesbezüglich seien vom Koalitionspartner geblockt worden, so Frau Schimke. Das Bundesministerium der Finanzen vertrete die Auffassung, dass sich private Vorsorge über die Riester-Rente nicht lohne.

Abschließend machte Frau Schminke klar, dass die MIT einen Staatsfonds in der Verantwortung der Rentenversicherung ablehne. Der Bundesausschuss Soziale Sicherung und Arbeitswelt der CDU sieht in seinem rentenpolitischen Konzept ein Mischsystem aus Umlage und Kapitalanlage für die gesetzliche Rentenversicherung vor. Die Union stellt ihr Wahlprogramm für die diesjährige Bundestagswahl am 21. Juni 2021 vor. Dort ist der rentenpolitische Kompromiss der verschiedenen Strömungen in der Union nachzulesen. Frau Schimke betonte, dass sie Mitglied des Round Tables sei, um die Problemstellungen der bAV-Praxis besser verstehen zu können. Sie zeigte sich offen für die Wünsche der Unternehmensvertreter:innen für eine einfachere bAV.


Aktuelles aus der Gesetzgebung

In der aktuellen Stunde berichtete Frau Dr. Natalie Brall, Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Gesetze und Verordnungen, die in dieser Legislaturperiode noch zu erwarten sind:

Verordnungsermächtigung für das Steuerungsgremium der Digitalen Rentenübersicht – Mitte Juni

Die Verordnung zum Steuerungsgremium befände sich derzeit in der Ressortabstimmung und komme am 9. Juni zur Beschlussfassung ins Kabinett. Nach dem Beschluss des Kabinetts könne die erste offizielle Sitzung des Steuerungsgremiums stattfinden (inoffizielle Sitzungen hätten bereits stattgefunden, in denen es einen großen Konsens zwischen den Mitgliedern gegeben habe).

Die Mitglieder des Steuerungsgremiums (GRV Bund, aba, GDV, vzbv, BMF und BMAS) hätten jeweils eine Stimme. Es gebe Forderungen, dass das Gremium noch mehr Mitglieder aufnehmen soll, aber das Gremium sollte bewusst klein und schlagfertig gehalten werden. Um jedoch Ideen aufzunehmen, soll im September ein Fachforum für alle Interessierten stattfinden, auf dem dem Steuerungsgremium Input gegeben werden könne.

Faire Verbraucherverträge mit Auswirkungen auf die bAV. Es dürfen keine Abtretungsverbote für die bAV durchgesetzt werden.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge habe Auswirkungen auf die bAV, weil Abtretungsverbote häufig „im Kleingedruckten“ vorhanden seien, um die Altersversorgung der Arbeitnehmer zu schützen. Nach der Gesetzesänderung wären jedoch Abtretungsverbote in den AGB nicht mehr zulässig. Hintergrund sei, dass es für Verbraucher keine im Kleingedruckten enthaltene Einschränkungen geben soll. Hier habe es nun eine schnelle Korrektur und Ausnahmeregelung für die bAV gegeben. Aktuell befände sich der Entwurf im Rechtsausschuss und werde dort wohl durchgehen. Im Ergebnis würde es beim Status quo der Abtretungsverbote bei der bAV bleiben.

Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz

Im Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz (§ 234 Abs. 7 VAG neu) soll es eine Änderung hinsichtlich der Nachschussmöglichkeiten von Arbeitgebern bei Pensionskassen geben. Bislang seien Nachschüsse der Arbeitgeber de facto für alle bei der Pensionskasse Versicherten verwandt worden (auch für die versicherten Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber keinen Nachschuss geleistet haben). Nun soll es möglich sein, dass per Satzungsänderung die Rahmenbedingungen für Nachschusszahlungen dahingehend geändert werden können (auch für bestehende Verträge), dass die Nachschüsse jeweils lediglich für die versicherten Arbeitnehmer des nachschießenden Unternehmens verwandt werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür sei am 7. Mai vom Bundestag verabschiedet worden.

Rentenversicherungs- bzw. Altersvorsorgepflicht für Selbständige

Zur Rentenversicherungs- bzw. Altersvorsorgepflicht für Selbständige sei ein Referentenentwurf vorhanden, dieser sei aber wegen der Corona-Pandemie nicht herausgegeben worden, um eine weitere Beitragsbelastung für Selbständige in der aktuellen Krisenzeit zu vermeiden. Das Projekt soll in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgenommen werden.

Sonstiges

Ansonsten gebe es keine weiteren Dinge „in der Pipeline“. Themen wie Garantien, Riester, etc. seien „auf Eis gelegt“. Die Teilnehmerinnen könnten ihr aber gerne generell Input geben, so dass sie diesen für das nächste Gesetzgebungsverfahren schon mal „in der Schublade“ hätte, denn in Petitionen ginge auch manches unter.


Corona vertieft Pension Gap speziell für Frauen

Zweiter Round Table Frauen in der bAV zeigt Wege aus der Krise auf

In der bAV tut sich eine Gerechtigkeitslücke zwischen den Generationen auf. Die Corona-Krise bewirkt, dass sich diese Lücke zwischen erbrachten und zu erwartenden Leistungen insbesondere für Frauen weiter vergrößert. Mit diesem Problem befassten sich am 19. Mai die Teilnehmerinnen des zweiten Lurse Round Table Frauen in der bAV. Wie es sich lösen lässt, darüber sprach in ihrem Vortrag Martina Baptist, Head of Total Rewards, Pension & Payroll DE/CH bei Henkel.

Die Frage der Generationengerechtigkeit in der bAV

Eine der Ursachen für eine deutlich stärkere Belastung der jungen Generation in der Alterssicherung ist der demografische Wandel. Dessen Folgen müssen die jungen Generationen weitgehend allein schultern. Sie müssen die im Verhältnis zur berufstätigen Bevölkerung wachsende Zahl an Rentner:innen durch Beiträge in die GRV finanzieren, während sich ihre eigene Lebensarbeitszeit absehbar erheblich verlängern wird. Zugleich müssen sie ein stärkeres Bewusstsein für eine finanzielle Vorsorge im Alter entwickeln. Die nötigen Vorsorgemaßnahmen werden gleichzeitig durch niedrige Zinsen und gesetzliche Beitragsgarantien erschwert. Hinzu kommt, dass Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Versorgungsregelungen auf den Prüfstand gestellt haben und neue Mitarbeiter:innen in der bAV nicht mehr die gleichen guten Bedingungen wie noch die Mitarbeitergenerationen vor ihnen vorfinden.

Auswirkungen der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat bestehende Ungleichheiten noch verschärft. Millionen von Beschäftigten sind von Kurzarbeit betroffen und beziehen dadurch weniger oder gar kein bAV-relevantes Gehalt. Gleichzeitig fehlen die Mittel für ein Vorsorgesparen durch Entgeltumwandlung.

Die krisenbedingt schwierige Erwerbs- und Betreuungssituation verschärft sich insbesondere für die jüngeren Generationen durch unsichere Arbeitsverhältnisse und eine zunehmende Rückkehr zur traditionellen Rollenaufteilung in der Kindererziehung. Es hat sich gezeigt, dass sich Frauen in Zeiten von Homeschooling und fehlender Betreuung in Bildungseinrichtungen oftmals stärker in der Verantwortung sehen als die Väter. Sie arbeiten generell viel häufiger in Teilzeit – oft auch, weil ihre Gehälter niedriger sind als die ihrer Männer und es generell noch immer unüblich sowie wenig akzeptiert ist, dass Männer einen Teilzeitjob ausüben. So haben während der Pandemie 14 % der berufstätigen Frauen ihre Altersvorsorge gekürzt oder auf Eis gelegt. Die Konsequenz: Zu einem Pay Gap zwischen den Geschlechtern kommt ein wachsender Pension Gap.

Gender Gap in der bAV

Die Zahlen des statistischen Bundesamtes belegen, dass immer mehr Männer Elternzeit nehmen, allerdings bleiben Frauen nach wie vor deutlich länger in Elternzeit als ihre männlichen Kollegen. Das entspricht auch den Erfahrungen bei Henkel, sagt Martina Baptist.
Dadurch verringert sich ihre Lebensarbeitszeit, was sich wiederum negativ auf die bAV auswirkt, denn viele Versorgungspläne sehen vor, dass Arbeitgeberbeiträge grundsätzlich nur in Zeiten geleistet werden, in denen auch ein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Das ist nur ein Beispiel, woraus sich ein Pension Gap in der bAV für Frauen ableiten lässt.

Unternehmen können junge Arbeitnehmer:innen, die durch Beruf und Familie doppelt belastet sind, mit einer Reihe von Maßnahmen unterstützen. Diese Maßnahmen sollten flexibel und an den Bedürfnissen bzw. Interessen der Generationen ausgerichtet sein. Nur dann sind sie nachhaltig und werden wertgeschätzt, meint Martina Baptist.

Aber auch die Frauen selbst können einiges tun, ergänzt Martina Baptist. Vor allem, indem sie Netzwerke bilden und sich gegenseitig helfen, wie dies bei Männern seit je her üblich ist.

BAV-Dialog für Frauen bei Siemens

Ein besonderes Erfolgsrezept zur Sensibilisierung der Themen rund um die Altersversorgung verfolgt Siemens im Frauennetzwerk Berlin. Im bAV-Dialog werden von Frauen für Frauen die Grundlagen der Altersversorgung online erläutert und diskutiert. Sowohl bAV- als auch rentenspezifische Themen stehen auf dem Programm und werden in der folgenden Abfolge regelmäßig angeboten:

Der bAV-Dialog im Frauennetzwerk Berlin wird stets sehr gut angenommen, auch standortübergreifend. Das SiemensKonzept wurde von den bAV-Unternehmensexpertinnen des Round Tables Frauen in der bAV mit großem Interesse
aufgenommen.


Lesen Sie im Folgenden welchen Handlungsbedarf die Mitgliederinnen des Round Tables hinsichtlich des Pension Gaps bei Frauen in unserer Gesellschaft sehen:

Mit der Schaffung von mehr Transparenz im Thema bAV bei Frauen tragen wir als bAV-Gestalterinnen entscheidend dazu bei, das Pension Gap zwischen Frauen und Männern sukzessive zu verringern. Einer Mitarbeiterin die passgenauen Informationen für jede Station im bAV-Lebenszyklus zur Verfügung zu stellen, stärkt nicht nur die persönliche Entscheidungssicherheit, sondern ermöglicht auch ein zukunftsorientiertes Planen der eigenen bAV. Ein Austausch im Rahmen von unternehmensbezogenen bAV-Frauennetzwerken ermöglicht den bAV-Beauftragten im Unternehmen wichtige Anregungen für Anpassungs- und Verbesserungsbedarf dieser Zielgruppe zu bekommen.“
Sabine Eichler, Spezialistin Vergütungsmanagement Compensation and Benefits, Human Resources and Social Affairs, Krones AG

Die bAV steht für mehr Generationengerechtigkeit in der Alterssicherung. Denn anders als in Umlagesystemen werden mit den kapitalgedeckten Säulen künftige Rentenansprüche vorfinanziert. Wichtig ist, dass mehr Menschen
davon profitieren, vor allem Frauen, Belegschaften in KMU sowie Niedrigverdienende.“
Ilka Houben, Leiterin Alterssicherungspolitik, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV)

Die starren Rentensysteme müssen aufgebrochen werden und die private sowie betriebliche Vorsorge müssen den Bedarf der jungen Generationen in den Fokus rücken. Das Leben ist in Bewegung und viele Regeln in der Altersversorgung sind immer noch starr und gehen an der Lebenswirklichkeit vorbei. Mehr Flexibilität und Unterstützung beim Aufbau und Abruf von Altersversorgungsleistungen sind zielführend, um den Arbeitnehmer:innen Möglichkeiten zu geben, individuell zu planen und zu entscheiden, wie sie ihre Altersvorsorge gestalten, um ihren Lebensentwurf bestmöglich zu unterstützen. Flexible Arbeitszeitmodelle und Lebensarbeitszeitkonten können ein solches Modell ideal flankieren.“
Vera Schieferecke, Head of CoE Total Rewards, Altana AG

„Generationengerechtigkeit ist auch in der betrieblichen Altersversorgung ein sehr wichtiges und sensibles Thema. Gute und werthaltige Zusagemodelle sind sowohl für ältere als auch für jüngere Generationen enorm wichtig und bedeutsam. Grenzen der Aus- und Umgestaltung sind rechtlich definiert und tatsächlich und wirtschaftlich u. a. durch die Niedrigzinssituation vorgegeben. Umso wichtiger ist die Diskussion über (sach-)gerechte Lösungen, gerade heute.“
Dr. Tamara Voigt, Head of Pensions, Bayer AG


Sind Garantien noch zeitgemäß?

Abschließend referierte Frau Dr. Henriette Meißner zu dem hoch aktuellen Thema „Sind Garantien noch zeitgemäß?“. Zur Vertiefung sei auf ihr Buch „Abgesenkte Garantien, Sicherheit, Rendite (betriebliche) Altersvorsorge und
Niedrigzins
“, erschienen im Verlag Versicherungswirtschaft verwiesen.

Lurse bedankt sich für den wertvollen Austausch bei allen Referentinnen und Teilnehmerinnen.

Utta Kuckertz-Wockel, Isabel Noe