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Wie man Arbeitnehmer- mit Arbeitgeberinteressen kombiniert – Ablösung einer Leistungszusage

Wie man Arbeitnehmer- mit Arbeitgeberinteressen kombiniert – Ablösung einer Leistungszusage

Mit weltweit mehr als 4.700 Mitarbeitenden an 16 Standorten und einem Jahresumsatz von rund 1 Mrd. Euro zählt die Münchner KraussMaffei Group zu den Pionieren bei der Verarbeitung von Kunststoffen und Kautschuk. Zum 1. Oktober 2018 führte KraussMaffei einen neuen Pensionsplan ein. Gefragt war ein bAV-Modell, das die Interessen von Arbeitnehmenden und Arbeitgeber bestmöglich unter einen Hut bringen sollte und gleichzeitig geeignet ist, die Versorgungslücke zu schließen.

Ziele der Neuordnung

Um eine hohe Akzeptanz des Pensionsplans zu gewährleisten und den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht zu werden, sollte das neue Modell individuelle Wahlmöglichkeiten bieten. Daher führte KraussMaffei in Zusammenarbeit mit Lurse ein sogenanntes Matching-Modell ein. Dabei wird die Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden durch eine Beteiligung des Arbeitgebers ergänzt. Gleichzeitig erhielten die Arbeitnehmer:innen attraktive Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Auszahlungsform und die Leistungen. Ein weiteres wichtiges Ziel der Neuordnung bestand darin, die Administration und die Kommunikation in Sachen bAV zeitgemäß – also schlanker und digital – zu gestalten. Vor allem aber sollten die Kosten für das Unternehmen kalkulierbar bleiben. In finanzwirtschaftlicher Hinsicht verfolgte die Neuordnung zwei Ziele: Zum einen sollte sie Bilanzneutralität für den Future Service erzielen, um die aufgelaufenen Rückstellungen langfristig immer weiter abzusenken. Dies wurde durch die Berechnung unterschiedlicher Szenarien analysiert. Zum anderen sollte das System auf die Beitragsorientierung umgestellt werden. Die bis dahin bestehende Volatilität aufgrund von Zinsabhängigkeiten beim Pensionsaufwand sollte damit spürbar reduziert werden.

Das neue bAV-Modell von Krauss-Maffei gilt für alle tariflichen und außertariflichen Mitarbeitenden. Ein wichtiger Aspekt bei seiner Planung war die Unterscheidung zwischen Bestandsmitarbeitenden und neuen Mitarbeitenden, also zwischen denjenigen, die dem Unternehmen schon vor dem Stichtag 1. Oktober 2018 angehörten und bereits eine Versorgungszusage hatten, und denen, die erst nach diesem Zeitpunkt eingestellt wurden.

Neue bAV für Bestandsmitarbeitende

Für alle Bestandsmitarbeitenden bleibt der Anspruch auf betriebliche Altersversorgung, den sie bis zum Stichtag der Neuordnung erworben haben, vollständig erhalten. Von diesem Tag an wurden Anwartschaften nach dem neuen Pensionsplan über Beiträge zu einer Rückdeckungsversicherung finanziert. Diese Beiträge sind so gestaltet, dass die Ablösung dem Wert der alten Regelung entspricht. Dazu errechnete Lurse für jede:n einzelne:n Mitarbeitetende:n einen individuellen Förderbeitrag. Die verwendeten Berechnungsparameter haben die Projektverantwortlichen zuvor mit dem Betriebsrat diskutiert und in einer Betriebsvereinbarung festgehalten.

Sowohl den erworbenen Besitzstand als auch den individuellen Förderbeitrag teilte KraussMaffei den Mitarbeitenden in persönlichen Schreiben mit. Darin wurde auch der Berechnungsweg detailliert dargelegt. Gleichzeitig erhielten alle Mitarbeiter:innen einen individuellen Zugang zum Online-Portal, über das sie beispielsweise die Höhe der Leistungen einsehen können, die sich aus dem individuellen Förderbeitrag für sie ergeben.

Trotz der wertgleichen Ablösung über den individuellen Förderbeitrag hat sich KraussMaffei dafür entschieden, die Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden stärker zu fördern. Daher hat das Unternehmen auch für Bestandsmitarbeitende ein Matching-Modell eingeführt, sozusagen on top. Das heißt: Ergänzend zum schon erzielten Besitzstand und zum individuellen Förderbeitrag für den Future Service kann jede:r Mitarbeitende einen freiwilligen Beitrag zur eigenen Altersversorgung leisten, der dann von Krauss-Maffei aufgestockt wird. Darüber hinaus können die Beschäftigten weitere Eigenbeiträge im Rahmen der tarifvertraglichen Regelungen einbringen. Mit all diesen Maßnahmen hat KraussMaffei das bis dahin bestehende Versorgungsniveau deutlich angehoben.

BAV-Angebot für neue Mitarbeiter:innen

Neu eingestellte Mitarbeitende nehmen an dem Pensionsplan teil, wenn sie einen freiwilligen Eigenbeitrag in bestimmter Höhe leisten. Wer diese Bedingung erfüllt, erhält eine Förderung in gleicher Höhe von KraussMaffei. Wer keinen Beitrag in die bAV einzahlt, erhält folglich auch keine Förderung. Es handelt sich also um ein reines Matching-System.

Der Gesamtbeitrag der teilnehmenden Mitarbeitenden fließt in das Versorgungswerk MetallRente und wird in Form der Entgeltumwandlung aus dem Bruttoeinkommen gezahlt. Die Matching-Beiträge des Arbeitgebers gehen in eine rückgedeckte Direktzusage.

Attraktivitätssteigerung durch Wahlmöglichkeiten

Um die Attraktivität des neuen Penionsplans zu erhöhen, sieht er Wahlmöglichkeiten vor, die es den Mitarbeitenden erlauben, die bAV genauer an ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse anzupassen. So können sie sich außer für die Finanzierung einer Altersleistung zusätzlich für einen Berufsunfähigkeitsschutz und für die Absicherung ihrer Hinterbliebenen im Todesfall entscheiden. Zudem haben sie die Möglichkeit, die Altersleistungen entweder als lebenslange Rente oder in Form einer einmaligen Kapitalzahlung zu beziehen. Beide Werte werden im Online-Portal ausgewiesen.
Darüber hinaus besteht die Option, sich im Rahmen der Rückdeckung zwischen einem sicherheits- und einem renditeorientierten Vorsorgeprodukt zu entscheiden:

  • Die sicherheitsorientierte Variante ist ein eher klassisches Produkt mit Garantieverzinsung und konventionellen Überschüssen.
  • Bei der renditeorientierten Kapitalanlage der Rückdeckungsversicherungen für die Direktzusage werden 20 % der Beiträge in Target-Fonds investiert.
  • Der renditeorientierte Tarif der MetallRente wurde im Jahr 2022 durch den MetallRente-Pensionsfonds ersetzt.

Das heißt, die Diskussionen, die es derzeit im Zusammenhang mit der Beitragsgarantie gibt, hat Krauss-Maffei bereits vor vier Jahren geführt. Diese renditeorientierte Option wird – wie nicht anders erwartet – überwiegend von jüngeren Arbeitnehmenden wahrgenommen. Immerhin: Auch gemessen an der gesamten Belegschaft haben rund 30 % diese Variante gewählt.
Darüber hinaus stehen den Mitarbeitenden weitere Möglichkeiten offen. So können sie über ihren Eigenbeitrag hinaus auch die Altersvorsorgewirksamen Leistungen (AVWL) in das Versorgungswerk MetallRente einbringen. Vor der Neuordnung haben die Projektverantwortlichen die Versorgungslandschaft des Konzerns gründlich analysiert. Dabei stellten sie fest, dass viele Mitarbeitende die AVWL gar nicht abgerufen, also bares Geld verschenkt haben. So entstand die Idee, dass mit der Umstellung der bAV auch dieser Teil der arbeitgeberfinanzierten Förderung beworben werden könnte. Das Angebot der AVWL-Beiträge wurde daher in die Kommunikation und das Portal integriert.

Erfolgsfaktor Kommunikationsmix

Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Umstellung des Pensionsplans war ein umfassendes Kommunikationskonzept. Darin spielte das Portal eine zentrale Rolle. Dort werden sämtliche Entscheidungen der Mitarbeitenden in vollem Umfang digital abgebildet. Jede:r Einzelne sieht dort alles, was sie/ihn selbst betrifft. Zum Kommunikationsmix gehörten zudem Mitarbeiterveranstaltungen, spezielle FAQs, eine telefonische Hotline, Flyer, Poster, individuelle Anschreiben, Präsentationen im Intranet und persönliche Beratungsgespräche mit Berater:innen von Lurse. Es waren also sehr viele Räder, die in der Kommunikation ineinandergreifen mussten. Dass diese Maschinerie reibungslos lief, war nicht zuletzt der gelungenen Einbindung des Betriebsrats zu verdanken. Entscheidend war letztlich, dass der neue Plan eine hohe Glaubwürdigkeit besaß, die von Geschäftsleitung, Betriebsrat und HR gleichermaßen getragen wurde. Das haben die Mitarbeitenden gespürt, und es hat für großes Vertrauen gesorgt.

Erfolgsbilanz

Der Pensionsplan 2018 von Krauss-Maffei ist zu einer Erfolgsstory geworden. Schon in der Anfangsphase haben die Mitarbeiter:innen ihn hervorragend angenommen. Die Teilnahmequote an dem neuen Matching-Modell liegt bei 76 %. Die darüber hinausgehende Beteiligung an der Entgeltumwandlung über MetallRente konnte von 16 % auf 45 % ausgebaut werden. Bei der AVWL ist die Nutzungsquote von etwa einem auf drei Viertel der Mitarbeitenden gewachsen.
Mit dem neuen Pensionsplan und der Umstellung seiner bAV-Landschaft auf ein beitragsorientiertes Modell hat KraussMaffei gleich mehrere Ziele erreicht. Zum einen hat das Unternehmen die finanziellen Risiken des alten Pensionsplans reduziert. Zum Zweiten kann es den Beschäftigten eine moderne, attraktive bAV mit schlanken Prozessen anbieten. Und zum Dritten können sich dank des Portals jetzt alle Mitarbeitenden jederzeit über den Stand ihrer Betriebsrente informieren und sie individuell gestalten.


Jutta Wenzl

Jutta Wenzl war Leiterin Corporate HR bei der KraussMaffei Group. Sie hat in ihrer beruflichen Laufbahn Stationen im HR-Bereich bei großen und mittelständischen Unternehmen wie Henkel, BASF und H.C. Starck durchlaufen und verfügt über langjährige internationale Erfahrung in der Begleitung und Gestaltung von Transformationsprozessen sowie in der Personal- und Organisationsentwicklung.


Dieser Artikel ist in unserem Kundenmagazin Spotlight erschienen. Hier geht es zum PDF der gesamten Ausgabe.

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