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HGB-Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen: Das Ende der Entlastung

HGB-Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen: Das Ende der Entlastung

Während der Niedrigzinsphase sind die Rechnungszinssätze, die für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach HGB zu verwenden sind, spürbar gesunken. Um diesen Effekt abzumildern, wurde im Jahr 2016 eine Umstellung vorgenommen: Der Rechnungszinssatz wird seitdem nicht mehr aus dem Marktniveau der vergangenen sieben Jahre abgeleitet, sondern aus dem Marktniveau der vergangenen zehn Jahre. Wenn – wie allgemein üblich – die Restlaufzeit der Pensionsverpflichtungen mit 15 Jahren angesetzt wird, lag der 10-Jahres-Zinssatz seitdem immer über dem entsprechenden 7-Jahres-Zinssatz.

Dies ändert sich nun erstmalig zum 31.05.2024: Der allgemeine Marktzinsanstieg der letzten beiden Jahre führt dazu, dass sich die Verläufe der beiden Zinsentwicklungen kreuzen. Der Rückstellungsbedarf nach der Neuregelung übersteigt künftig den Rückstellungsbedarf nach der vor 2016 gültigen Gesetzesfassung. Damit wird aus der ursprünglich beabsichtigten bilanziellen Entlastung nun eine Belastung, die in den nächsten Monaten und Jahren kontinuierlich zunehmen dürfte.

Dass der Entlastungseffekt aber zwischenzeitlich Wirkung entfaltet hat, zeigt ein Rückblick auf die beiden Zinssatzverläufe: Der 10-Jahres-Zinssatz lag in der Spitze um 0,91 Prozentpunkte über dem 7-Jahres-Zinssatz (August und September 2018). Außerdem war das Minimum der Zinsentwicklung, das durch die Niedrigzinsphase ausgelöst wurde, bereits bei einem Wert von 1,77 % erreicht (August 2022), während es beim 7-Jahres-Zins 1,34 % betrug (Januar 2022). Die vergangene Entwicklung der beiden Varianten und die Weiterentwicklung bei unverändertem Marktzinsniveau veranschaulicht die folgende Grafik.

 

In Höhe des Differenzbetrags zwischen den Rückstellungswerten, die mit dem 7- bzw.- 10-Jahres-Zinssatz ermittelt wurden, besteht eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre. Diese entfällt nun, da der Differenzbetrag nicht mehr positiv ist. Weiterhin erforderlich ist es aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen aber, den Differenzbetrag im Bilanzanhang anzugeben.

Die beschriebene Entwicklung zeigt, dass eine dauerhaft als sinnvoll empfundene Herleitungsmethodik für den HGB-Rechnungszins schwierig zu finden ist. Eine solche Regelung sollte optimalerweise z. B. folgende Kriterien erfüllen:

  • Wirtschaftlich gesehen sachgerechte Bewertung der Pensionsverpflichtungen in jeder Marktlage
  • Vermeidung starker Veränderungen des Rechnungszinssatzes innerhalb kurzer Zeiträume sowie der damit verbundenen mangelnden Planbarkeit und ggf. resultierenden Belastungen
  • Dennoch Reaktion des Rechnungszinssatzes auf längerfristige Veränderungen des Marktzinsniveaus
  • Einfache Bestimmbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Rechnungszinssätze
  • Eindeutige Zinsvorgabe für alle bilanzierenden Unternehmen ohne inhaltlich nicht begründbare Gestaltungsspielräume

Eine Neuregelung zum Rechnungszinssatz im HGB wird derzeit diskutiert. Es wird sich zeigen, ob sich dadurch eine Verbesserung im Vergleich zum aktuellen Ansatz erzielen lässt, der in der Gesamtbetrachtung viele der Anforderungen erfüllt. Offensichtlich nicht optimal ist allerdings der derzeitige Parallellauf der 7- und 10- Jahres-Zinssätze, der zu Mehraufwand bei der Bilanzierung ohne ersichtlichen Nutzen führt.

Rainer Bannör, Senior Manager, Aktuar (DAV/IVS), Lurse

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